Böses Framing beim Coronavirus - die Dritte

Ausgangssperre oder Ausgangsbeschränkung? Was ist da eigentlich der Unterschied? Die Leute wissen doch eh was gemeint ist. So ungefähr sieht es die deutsche Medienlandschaft und fast alle fragen sich seit Tagen: Wann kommt (endlich) die Ausgangssperre?

Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Der Begriff „Ausgangssperre“ ist kein geschichtliches Unschuldslamm. Er fand zumeist in Diktaturen und Kriegen Anwendung. Viele kennen den Begriff aus dem Geschichtsunterricht, wenn es um die sogenannten deutschen „Gettos“ der Nazis in Europa ging. Es ist also kein Wunder, dass sich mit diesem Wort eine Freiheitsdebatte vom Zaune brechen lässt, während eigentlich eine Verantwortungsdebatte zur Eindämmung des Virus nötig ist. Der geschichtliche Ballast ist das eine. Doch auch ohne dieses Geschichtswissen nützt das Wort jenen Menschen, die sich von den Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in ihrer Freiheit arg beschnitten fühlen. Denn das Wort steigert einfach einen partiellen Freiheitsentzug zum generellen. Aus „Be- oder Einschränkungen“ wird eine „Sperre“. Sperre heißt aber nicht ‚eingeschränkt‘, sondern Sperre heißt ‚zu‘. Der mediale Wortgebrauch dieses Wortes in der letzten Woche macht den Extremfall permanent zum Allgemeinfall. Wer die Einschränkung zur Sperre steigert, steigert gleichzeitig die Sorge um die Freiheit. Dieser sprachliche Steigerungsmechanismus ist nicht selten. Er findet sich ebenso bei dem AfD-Framing vom „Kontrollverlust“. Da wurde die stellen- und zeitweise Überforderung von Ämtern und Behörden bei der Aufnahme von Geflüchteten als „Kontrollverlust in Deutschland“ bezeichnet. Auch hier wurde das tatsächliche Problem zum Allgemeinfall erhoben, also ins Extreme geführt. Mit der Wirkung, dass die Gefahr größer schien. Wer sich dann stärker sorgt, ist bald bereit zu folgen. Am Ende hat sich die Politik [gestern] gegen beide Begriffe entschieden.

Jetzt heißt es „Kontaktverbot“. Der Begriff ist besser gewählt. Das angedockte Verbotsframing macht deutlich, wer nicht spurt, muss mit Strafe rechnen. Jedoch: auch wenn "Kontakt" durchaus ‚Körperkontakt‘ implizieren kann, sollen die Menschen ja in diesen schwierigen Zeite trotz Abstands durchaus 'Kontakt halten', nur eben anders. Besser träfe es der Begriff „Zusammenkunftsverbot“.

Auf Twitter finden sich indes noch kreativere Vorschläge:

Quelle(n):

https://www.tagesschau.de/inland/hintergrund-ausgangssperre-103.html

Gutes-Auseinander-Gesetz : https://twitter.com/dertobe_/status/1241820917191278594?s=20

Gutes Nichtbegegnungs Gesetz https://twitter.com/ChristophKappes/status/1241767579145945089?s=20

Schönes Zuhause Gesetz https://twitter.com/HartmutSchrewe/status/1241776087899791364?s=20


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Ausgangssperre oder #Ausgangsbeschränkung❓ Was ist da eigentlich der Unterschied❓ Und wenn überhaupt, dann wissen die...

Gepostet von Wortgucker am Sonntag, 22. März 2020