Absurde Marketingnamen für Gesetze

Absurde Marketingnamen für Gesetze

Wenn Politik und Marketing eine Affäre haben, dann kommen Gesetzesnamen wie "Kinder- und Jugendstärkungsgesetz" heraus. Dieses Gesetz befindet sich als Entwurf momentan im parlamentarischen Verfahren. Fair Enough - Politik möchte die eigene Politik gut verkaufen, damit die Bürger:innen da draußen nicht bösgläubig werden. Und es stimmt, das Gesetz bringt einige Verbesserungen auf den Weg. Aber es gibt da einige Probleme, wenn die Politik in die Wörtertrickkiste greift:

1: Wie immer bei Euphemismen fokussiert der Name auf einzelne - gewollte - Aspekte, hebt diese heraus, verschweigt aber andere weniger attraktive Aspekte des Ganzen. Der Name lässt den Großteil des 160-seitigen Gesetzes außen vor, teilt nur das Positive mit, das die Bürger:innen mitbekommen sollen. Das ist der Mechanismus der Werbung. Auf dem Bild sieht der Cheese-Burger einfach immer besser aus.

2: Wie immer bei solchem Marketingsprech kann man schlecht dagegen sein. Jeder, der nun - aus welchem Grund auch immer - gegen das Gesetz ist, macht sich verdächtig die Jugend "schwächen" zu wollen. Dabei gibt es gute Gründe gegen manche Aspekte dieses Gesetzes zu sein. (1) Kritisiert wurde beispielsweise, dass der Gesetzentwurf nicht dem Forschungsstand über Kinder und Jugendliche entspricht, dass Pflegekinder zu wenig berücksichtigt seien und eine Menge mehr. (2)

3: Darum brauchen Gesetze eher neutrale Namen. Das erleichtert den demokratischen Prozess. Politik verkauft nix, sondern soll demokratisch die Lebensumstände der Menschen regeln. Das erfordert eine weniger manipulative Kommunikation, als es z.B. Unternehmen bei der Werbung gestattet ist. Gesetze sind keine Cheese-Burger.

4: Zu guter Letzt der Bullshit-Test: Die Absurdität solcher Marketingnamen für Gesetze wird deutlich, wenn man sich folgende Frage stellt: Was kommt danach? Was also kommt nach dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz? Das "Kinder- und Jugend-Noch-Mehr-Stärkungs-Gesetz"?

5: In den Medien tauchen in den letzten Jahren vermehrt von der Politik gesetzte Marketingnamen auf. Ich nenne sie "Schöne-Wörter-Gesetze": Das „Gute-Kita-Gesetz“, das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“, das „Starke-Familien-Gesetz“ oder die unvergessliche „Respekt-Rente“.

1: https://www.awo.org/sites/default/files/2017-06/2017-05-17 AWO STN RegE KJSG final_0.pdf
2: https://www.bundestag.de/presse/hib/2017_06/511050-511050